Wir arbeiten meist mehr als wir brauchen und den Rest sparen wir (für ein neues Auto, Notzeiten, das Alter…). Das ist sinnvoll und gescheit. Aber wie schaut das nun für ein Land wie Deutschland aus? Wenn wir mehr Waren ins Ausland verkaufen, als wir vom Ausland kaufen, haben wir einen Exportüberschuss und haben damit mehr produziert, als wir brauchen. Für den Überschuss bekommen wir also keine Waren und Dienstleistungen mehr, sondern Geld, Gold oder Forderungen (Unternehmensbeteiligungen, Darlehen etc.).

Exportuberschuss Grafik 1

Die braunen Zahlen zusammen gerechnet ergeben mindestens 2000 Milliarden € Exportüberschuss. Deutschland hat mittlerweile im Wesentlichen Währungsreserven von ca. 200 Milliarden, also 10%. Der Rest sind Forderungen an das Ausland. Es ist letztlich egal, ob wir Geld oder Forderungen haben. Beides sind nur bedruckte Zettel bzw. Nullen und Einsen im Computer, die durch nichts gedeckt sind.

2008 hatten wir Gelegenheit, zu erleben, wie uns Wirtschaftskrisen anderer Länder treffen, wenn wir in das betreffende Land zu viel exportieren. Da wurden Auslandsforderungen in Höhe von 400 Milliarden € vernichtet (=15% unseres Bruttoinlandsprodukts) und unsere Wirtschaft kam zum Erliegen. Von hintenher gedacht: Wenn man dauerhaft Exportüberschüsse hat, wird man den Überschuss niemals ausgeben können, denn es fehlt einfach die Möglichkeit dazu. Denn wenn wir diese Möglichkeit hätten, würden die Exportüberschüsse verschwinden. Das Kassieren von Zinsen für die Forderungen mag Einzelnen etwas bringen, volkswirtschaftlich verstärkt es nur das Mißverhältnis.

Was heißt das für uns? Ganz grob gesagt, verschenken wir unsere Waren und Dienstleistungen in Höhe des Exportüberschusses ins Ausland, wie oben schon erwähnt, ca. 8% unseres Einkommens. Das ist schlecht für uns, denn wir arbeiten hier umsonst. Wir leben unter unseren Möglichkeiten. Wir verkaufen uns zu billig. Was auch immer Sie für eine Ausdrucksweise bevorzugen. Das ist das, was uns international angekreidet wird.

Wie kommen wir aus dieser Kiste raus? Da gibt es mehrere Stellschrauben: Indem wir den Inländern mehr Geld geben, die zu wenig davon haben (+ Inlandsnachfrage). Oder die Arbeitnehmer verlangen höhere Löhne, damit die Produktionskosten steigen und unsere Waren und Dienstleistungen im Ausland nicht mehr so attraktiv sind (- Auslandsnachfrage). Oder der Staat investiert mehr in die Infrastruktur unseres Landes (+ Inlandsnachfrage).

Da höre ich schon das Argument: „Aber bitte nicht auf Schuldenbasis“. Dem kann ich nur zustimmen. Ich finde es ziemlich dreist, dass der Staat, wenn er Geld braucht, es von Privaten zinspflichtig leihen oder über Steuern von uns eintreiben muss. Was die Zinsen allein schon auf der Welt anrichten, habe ich ja bereits beschrieben. Inzwischen gibt es viele gute alternative Geldmodelle, z.B. die Monetative, die als 4. Gewalt neben Judikative, Legislative und Exekutive eingeführt würde und für die Geldmenge verantwortlich wäre. Von dort bekäme der Staat das für unsere Wirtschaft notwendige Geld sozusagen geschenkt. Durch staatliche Ausgaben würde es dann in Umlauf gebracht. Näheres ist zu finden unter www.monetative.de

Ein sehr wirksames Instrument zum Abbau von Exportüberschüssen wäre die Abwertung der eigenen Währung. Diese gibt es aber nicht mehr. Eine Abwertung des Euro findet nur aufgrund von europäischen Durchschnittswerten statt. Dieses Instrument entfällt somit.

Durch die Erhöhung von Lohnkosten würden wohl Arbeitsplätze verloren gehen. Durch die zunehmende Automatisierung wird die zur Verfügung stehende Arbeit weiter abnehmen und das sehr bald dramatisch. Man wird sich also zu diesem Thema sowieso etwas Neues überlegen müssen. Jedenfalls sollten wir uns durch dieses Argument nicht unter Druck setzen lassen.

Warum wird der Exportüberschuss trotzdem als etwas Positives dargestellt? Wenn man Forderungen gegen andere Länder hat, kann man damit Macht ausüben. Man kann den Schuldner zu Handlungen bringen, die im Sinne des Gläubigers sind. Wollen wir das?

Schlimm sieht es in den USA aus, sozusagen das Gegenstück zu Deutschland, mit 700 Milliarden € Exportdefizit (oder Importüberschuss) pro Jahr. Wenn ein Land nicht das selbst produzieren kann, was es braucht, gibt es auch die hierfür erforderlichen Arbeitsplätze nicht. Dies kann man in den USA beobachten und das will Trump ändern.

Noch schlimmer wird es in der EU. Wie die untenstehende Grafik (Flassbeck) zeigt, produzieren wir erheblich zu billig und verfehlen das 1999 von der EZB festgelegte Inflationsziel von jährlich 2% erheblich. Wir treiben damit die anderen EU-Länder in den Ruin. Das wird zur Abschaffung des Euro führen. Die Briten haben das sinkende Schiff bereits verlassen. Wer wird wohl der Nächste sein? Frankreich?

Exportuberschuss Grafik 2

Ursache ist die sogenannte Agenda 2010. Diese wiederum geht auf ein Papier von Toni Blair und Gerhard Schröder zurück, das von der Bertelsmannstiftung weiterentwickelt wurde und in wesentlichen Teilen in das Regierungsprogramm Rot/Grün Einzug fand. Man könnte fast den Verdacht haben, dass da jemand wusste, was er anrichtet. Die Spur führt wie so oft in die USA.

Somit: Jedes Land sollte eine im Verhältnis zum Ausland ausgeglichene Leistungsbilanz anstreben. Je länger wir damit warten desto tiefer werden die Einschnitte sein. Übrigens gab es mal einen weisen Finanzminister namens Karl Schiller, der in Kenntnis dieser Tatsachen den Exportüberschuss nicht als solchen sondern als Importdefizit bezeichnet hat.

Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_Deutschlands#Handelspartner_und_Au.C3.9Fenhandelsstatistik

http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52842/aussenhandel

https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Themen/2014/2014_03_21_leistungsbilanzueberschuss_deutschland.html

https://www.boeckler.de/pdf/v_2011_03_15_flassbeck.pdf

https://www.youtube.com/watch?v=mcIRAMM_E48